Mit dem BMW i3 in die Schweiz

Ein langer Arbeitstag und eine 500 km Testfahrt mit dem i3.

Seit einigen Jahren arbeite ich tageweise in der Schweiz und pendle dazu nach Basel. Normalerweise fahre ich von zu Hause in Filderstadt bei Stuttgart mit meinem Tesla S85 am Stück nach Basel. In Basel lade ich am Supercharger oder im z.B. Hotel Eckert am Tesla Destination Charging, wenn ich über Nacht bleibe. Der Rückweg mit ebenfalls bis 275 km ist kein Problem mit dem Tesla.

Seit 2013 hat mein Arbeitgeber Drees & Sommer auch Elektrofahrzeuge als Poolfahrzeuge. Im Büro Stuttgart haben wir u.a. zwei BMW i3, mit der großen Batterie ohne Rangeextender. Der i3 hat den 11kW Lader und den CCS Anschluss für die Schnellladung. Die Kollegen nutzen den i3 für Fahrten rund um Stuttgart und Strecken bis ca. 150 km. Der CCS Anschluss scheint noch jungfräulich.

Poolfahrzeuge an der Ladestation im Drees & Sommer Parkhaus

Mein Plan war, den i3 mal nach Basel zu entführen auch um ihn besser kennen zu lernen. Für die Buchung der Poolfahrzeuge haben wir ein Buchungssystem, ähnlich Car2Go. Die Fahrzeuge werden im Intranet gebucht, das Fahrzeug dann per RFID Chip geöffnet. Der Schlüssel ist im Fahrzeug.

Die Ladestationen sind an das System von New Motion angebunden, so dass Firmenfahrzeuge wie auch private Mitarbeiterfahrzeuge geladen und abgerechnet werden können. Die Planung der Ladestationen in der Form war mein Vorschlag um private Ladungen abrechnen zu können. Die Abrechnung über New Motion geht gut. Ladungen werden mir über mein New Motion Konto belastet, der Arbeitgeber bekommt eine Gutschrift für die Ladung.

Erkenntnisse: Im Nachhinein gesehen, hätten wir besser Ladestationen mit fester Ladeleitung genommen, evtl sogar ohne Abrechnung. Die Ladeleitungen und die Stationsfreigabe muss per Chip ein- und ausgecheckt werden, d.h. mit der Ladekarte mit der die Ladeleitung eingesteckt wird, muss sie auch wieder entnommen werden. Bei dem Vorgang gibt es immer wieder mal Verwirrungen, wenn mit dem falschen Chip gebucht wird.

Die Ladestationen werden von der 20 kWp PV Anlage auf dem Dach des Parkhauses mitversorgt und helfen den Eigenverbrauchsanteil zu erhöhen.

Strecken:

Von Filderstadt nach Basel bin ich in den letzten Jahren schon sehr, sehr oft gefahren. Die ÖPNV Verbindung von mir zu Hause ist leider lausig um nicht zu sagen mit Anreise am Vorabend um rechtzeitig in Basel zu sein bei frühen Terminen. Ich bin i.d.R. per Elektroauto unterwegs und habe verschiedene Routen:

1. A8 bis Karlsruhe und dann die A5 nach Basel. Die Tour ist die längste und schnellste, wenn es keinen Stau hat. Rund um Freiburg und in Weil am Rhein gibt es morgens oft Stau, dazu viele Baustellen, insofern ist der Zeitvorteil oft futsch.

2. A81 bis Geisingen, weiter nach Blumberg und das Wutachtal abwärts nach Waldshut-Tingen. Auf der Schweizer Seite weiter über die A2 bis Basel. Die Tour dauert 20 Minuten länger als über die A5, ist bis auf viele LKW auf der B314 und evtl einen Stau auf der A2 vor Basel gut zu fahren.

3. A81 bis Bad Dürrheim, die B31 Richtung Freiburg dann nach Süden über den Feldberg und das Wiesental abwärts Richtung Basel - die romatische Route. Auf der Tour hat es frühmorgens kaum Verkehr, der Feldberg ist schön zu fahren. Nebenbei ist das die kürzeste Tour aber auch die zeitlich längste und man muss am meisten selber fahren. Tesla Fahrer wissen was ich meine, auf der Autobahn und Bundesstraßen macht der Autopilot bereits einen guten Job.

Welche Tour mit dem i3? Gerne wäre ich die Tour 2 hingefahren, aber die letzte Schnelllademöglichkeit ist bisher Allego in Sulz, der ENBW Lader in Neckarburg West ist Stand 15.06.2017 noch nicht in Betrieb. > Also geht der Hinweg über die A8 / A5, da praktisch alle Raststätten einen Lader haben.

Filderstadt - Baden Baden

Ladung zu Hause

Am Abend davor habe ich den i3 mit nach Hause genommen um früh starten zu können. Bei der Heimfahrt habe ich schnell gemerkt, dass unser BMW keinen adaptiven Tempomat (ACC – Adaptive Cruise Control) hat, puh wie schnell man sich an solche Annehmlichkeiten gewöhnt.

Mein Tesla musste zu Hause seinen Platz räumen, der i3 bekommt die letzten kWh zu Hause an der Ladestation, damit ich voll starten kann.

Ein kurzer Check im BMW Navi nach Ladestationen. Gefunden habe ich Tankstellen, die interessieren mich weniger. Es brauchte etwas Eingewöhnung an das Menü und das Bedienrad. Drehen, drücken mehrere Menüstufen, kein Touchscreen. Das Display ist schön hell und klar, lässt sich auch splitten um zwei Sachen parallel anzuzeigen. Als Teslafahrer ist man verwöhnt sowohl von der Displaygröße wie auch vom Bedienkomfort, aber ok mein Tesla hat fast das doppelte des BMW gekostet.

Mein Plan war am Rasthof in Baden Baden zu laden und dann nochmal kurz vor Basel in Bad Bellingen. Beide CCS Lader sind noch kostenfrei. Für die kostenpflichtigen Lader habe ich die New Motion Karte der Firma, die Roaming für die ENBW Lader u.a. hat.

Nachdem ich noch keine Ahnung hatte wieviel der BMW braucht, bin ich erstmal sparsam mit 100 - 120 km/h los. Auf der A8 war schon klar, dass ich den Langfristschnitt meiner Kollegen mit 18 kWh/100 km auf diese Weise deutlich unterbieten kann.

Ankunft in Baden Baden

Richtung Rheintal geht es etwas abwärts von Stuttgart aus gesehen, Elektrofahrzeugfahrer wissen, dass man das deutlich merkt. 13,5 kWh / 100 km war mein Schnitt bei 55% Restkapazität. Bei 30 kWh Batterieinhalt sollten sogar 200 km + drin sein. Die Restreichweitenanzeige des BMW erschreckt einen aber gerne mit konservativen Werten, dazu später mehr.

Ladung in Baden Baden

An der Ladestation konnte ich den noch vermutlich jungfräulichen CCS Anschluss einweihen. Die Ladung läuft problemlos, leider gibt es keine Ladeleistungsanzeige im BMW und an der Ladestation auch nicht. Sehen kann man die bezogene Energie an der Ladestation und dort laufen 0,01kWh deutlich schneller als im Sekundentakt, was bedeutet 0,01kWh * 3600 sec = 36 kW, d.h. der i3 lädt um die 40 kW+ geschätzt.

Bis ich meine Früstücksbrote weg hatte, d.h. rund eine Viertelstunde später war der BMW auch deutlich über 90%. Eine wichtige Erkenntnis war, dass der BMW lange mit hoher Leistung lädt. Für eine schnelle Ladung ist es wichtig, dass ein Fahrzeug nicht nur mit hoher Leistung lädt, sondern bis in einen hohen Ladezustand mit hoher Leistung lädt. Erst über 95% wurde die Ladung deutlich langsamer. Eine Viertelstunde Zwischenladung hatte ich auch kalkuliert nach Basel, es konnte weiter gehen.

Baden Baden nach Bad Bellingen

Eigentlich hätte ich durchfahren können nach Basel, aber ich brauchte noch eine Autobahnvignette für die Schweiz und die wollte ich in Bad Bellingen kurz vor der Grenze holen. In Bad Bellingen gab es auch einen Lader und ich plante dort möglichst voll zu machen um Zeit auf dem Rückweg zu sparen. Die weitere Strecke habe ich die 100 km/h verlassen und bin mit 120-130 kmh gefahren. Etliche Baustellen mit 80 km/h Limit haben den Schnitt dann doch wieder Richtung 14 kWh/100 km gedrückt.

Ladestation Bad Bellingen

Man glaubt es nicht am frühen Morgen, es gibt noch mehr Elektroautofahrer und auch hier nur einen Ladepunkt. Ich hätte versuchen können den Typ 2 Lader zu erwischen um parallel ein bischen zu laden, aber dazu hätte ich mich rechts auf den Gehweg stellen müssen. Nach Plakettenkauf und der "biologischen Pause" wartete ich doch ein Weilchen. Eine Überlegung war doch nur auf dem Heimweg zu laden oder auf dem Hinweg den östlichen Lader in Weil am Rhein noch zu erwischen. Ich hatte noch Zeit bis zu meinem Termin, also wartete ich ausnahmsweise. Von den Tesla Superchargern ist man verwöhnt, dachte ich mir. Der Ausbau der Ladestationen muss flott gehen, solche Aktionen sind sonst hinderlich.

Der Fahrer kam noch bevor sein i3 voll war - am Display der Ladestation kann man den Ladezustand sehen - und ich konnte ans Kabel. Mit Blick auf die Uhr und der verbleibenden Fahrzeit konnte ich noch auf 90% laden. Bis Basel waren es noch 23km.

 

Parken am Badischen Bahnhof

Fahrdaten Hinweg

Im Hintergrund der Roche Tower (Bau 1) und das Roche Areal, der Grund warum ich nach Basel gefahren bin. Ich hatte jetzt noch einen Arbeitstag vor mir.

Mein Stammparkplatz am Badischen Bahnhof in Basel, ist leider (noch) ohne Ladestation. Basel will einiges tun für die Elektrofahrzeugfahrer. Es gibt in Basel schon einige Ladestationen des örtlichen Versorgers IWB , leider mit 8 SFr/h zu einem inakzeptablem Preis. Vielleicht bekommt unsere Niederlassung in Basel auch mal eine Ladestation.

Fazit Hinweg : Könnte ich am Ziel laden wäre die Ladezeit unterwegs 15 - 20 Minuten mit dem i3. Mit den Erkenntnissen jetzt, hätte man gut 120-130 km/h fahren können. Sieht man die Pause auf halber Strecke für das Frühstück vor, gibt es praktisch keinen Zeitverlust gegenüber einem fossilen Fahrzeug.


Rückweg über den Feldberg

Der etwas verkürzte Arbeitstag liegt hinter mir und ich starte zum Rückweg über den Feldberg auf 1300m!

Leider habe ich kein App wie beim Tesla, in dem ich das Fahrzeug vorkühlen kann, aber es gibt natürlich eine Klimaanlage.

Vor der Strecke über den Feldberg habe ich noch Respekt. Vom Tesla weiß ich dass Berge kaum etwas ausmachen, da der Tesla eine sehr gute Energierückspeisung hat. Was man den Berg hoch mehr verbraucht bekommt man zu einem guten Teil abwärts wieder zurück. Ob das beim i3 auch so ist?

 

Ladung in Weil am Rhein

Vorsichtshalber lade ich direkt hinter der Grenze noch mal voll. Leider habe ich es nicht geschafft die Klimaanlage während der Schnellladung im Stand zu aktivieren. Es hat knapp 30° draussen, also doch raus aus dem Auto.

Der Bordcomputer jagt mir mit seiner Restreichweitenangabe einen Schreck ein und das obwohl der i3 97% Ladezustand hat. Je nach Fahrprogramm ob Komfort, Eco Pro, Eco Pro+ (ohne Klima), steigert sich die Reichweitenangabe etwas. Grundsätzlich scheint der Bordcomputer die Verbräuche der letzen km für die Hochrechnung zu berücksichtigen.

Ich hatte mir noch einige Typ 2 Ladestationen rausgeschrieben und habe einen Ladechip des Energiedienst der in dem Bereich viele Ladestationen hat. Gedanklich gehe ich die Notlademöglichkeiten durch und nehme den Berg in Angriff.

Wie schon erwartet fällt die Entfernung zum Ziel viel schneller als die Restreichweite im Wiesental. Ich bin sparsam unterwgs und habe schon bald 20 km mehr Reichweite als die Entfernung zum Ziel ist. Beim Tesla werde ich unruhig wenn ich nicht 100 km Differenz zwischen Reichweite und Entfernung habe, mit dem i3 lernt man knapper zu kalkulieren.

Mittlerweile habe ich auch die Bedienung des Bordcomputers besser verstanden, vieles könnte man anders einfacher machen, z.B. mit intuitiverer Bedienung oder einem großen Touchscreen :-), aber ok es funktioniert. Herausgefunden habe ich, dass das Navi selbständig Ladestationen vorschlägt wenn die Ladung zur Zielerreichung nicht ausreicht.

In Todtnau am Fuß der steilen Strecke habe ich so viel Reserve rausgefahren, dass ich keine Sparfahrt den Berg hoch veranstalte. Der i3 hat Dampf und nimmt die Bergstrecke spielend.

 

Auf dem Feldberg

Auf dem Feldberg ein kurzer Fotohalt. Der Verbrauch ist vom Tal mit 12-13 kWh/100km jetzt erwartungsgemäß auf 14 kWh+ gestiegen.

Abwärts hilft die sehr starke Rekuperation des i3 praktisch ohne Bremse zu fahren. Es gibt eine einzige Kurve am Feldberg nördlich, da brauche ich am Tesla u.U. die Betriebsbremse, am i3 geht das rein mit der Rekuperation. Hinter dem Berg in Tittisee ist der Verbrauchsschnitt wieder deutlich gefallen, es kann ohne Ladung weiter gehen zur A81.

Das Navi hat sogar vorgeschlagen bis nach Sulz weiter zu fahren, ich habe vorher eingesteckt in Neckarburg Ost. Die Ladestation rechts meldet Probleme nach einem Startversuch, gut dass ich es noch gesehehen habe, bevor ich weggegangen bin. Glücklicherweise gibt es noch einen zweiten Lader daneben.

 

Ladung in Neckarburg

Nicht ganz optimal geparkt :-), es fehlt mir meine Rückfahrkamera.

Die kulinarische Auswahl am Rasthof war recht übersichtlich, also blieb es bei der Biopause. Der i3 zeigt nach den wenigen Minuten Ladung dass es schon bis Stuttgart Vaihingen reichte. Der Magen knurrte, also bin ich noch nach Sulz weiter gefahren um dort etwas zu essen und am Allego Lader zu laden.

Der Stop in Sulz war relativ kurz, da es lange Schlangen beim goldenen "M" gab, also nichts zu essen, ab ins Büro nach Stuttgart Vaihingen das Fahrzeug zurück geben.

Die Ladung war mehr als ausreichend, bei Tacho 153 km/h ist dann Schluß. Die abgeregelte Geschwindigkeit hält er auch bei den Autobahnsteigungen, die 125 kW sind eindeutig da. Der Rückweg nach Stuttgart Vaihingen über die Autobahn war unspektakulär und Staufrei. Das Fahrzeug habe ich Abends abgegeben nach mehr als 500 Tageskilometer und zur Ladung eingesteckt. Die letzten 16km heim fuhr ich "hybrid" mit meinem Pedelec, schön durch den Wald.

Fazit: Normalerweise mache ich die Tour auf zwei Tage, aber es geht auch mit dem i3, sogar in einem Tag. Von 5 Ladepunkten die ich angefahren habe war einer belegt und einer defekt, das darf so nicht bleiben. Wenn die Ladepunkte verlässlich und in ausreichender Anzahl vorhanden sind, kann das funktionieren.

Der i3 polarisiert vom Design her etwas und bei den hinteren Türen fragt man sich ob irgendwer nicht mitgedacht hat. BMW zeigt mit dem Antrieb und insbesondere mit der Batterie, dass sie etwas können. Es wäre an der Zeit für den nächsten i BMW natürlich wieder ohne Auspuff.

Für meine Kollegen hoffe ich, dass sie sich auch etwas weiter weg mit dem i3 wagen und hoffe, dass wir mehr Kunden und Büros haben mit Ladestationen.

 

Ralf Wagner, Juni 2017

ralf.wagner@ralfwagner.de