200.000 km mit dem Tesla, eine Rückschau

4 Jahre ist unser Tesla S85, eine Rückschau für Interessierte.

Was bisher geschah

Eigentlich will ich gar nicht nach hinten schauen, sondern auf die schönen Fahrten die man noch damit machen kann.

200.000

 

Finanzen:

Aktuell habe ich einen Blick in die Buchhaltung geworfen und einen Report über die Kosten erstellt. Aktuell komme ich auf ca. 0,38€ / km Kilometerkosten unter Berücksichtigung eines Restwerts von 35%, entsprechend 29.500 €. Für ein Fahrzeug mit Autopilot ist das noch gut drin auch bei diesem Kilometerstand.

In vielen Punkten lag ich gut in meiner erste Kostenschätzung vor Kauf des Fahrzeuges. Das Thema Reifen habe ich allerdings unterschätzt ;-). Beim Prius hielten Reifen auch mal 70.000 km, aktuell sind es eher 40.000 km geschuldet der Leistung und dem Fahrspaß.

Sicher ist der Vergleich mit einem Toyota Prius unfair, aber es war der Vorgänger - insofern lag es für mich nahe die Zahlen zu vergleichen.

Wertverlust

Leicht zu sehen ist, dass der Wertverlust des Tesla so hoch ist wie die Gesamtkosten des Prius. Zur Ehrenrettung des Tesla ist zu sagen, dass der Wertverlust des Prius auf 6 Jahre verteilt war, der Tesla ist auf 4 Jahre gerechnet. Da ich den Tesla voraussichtlich noch mindestens zwei Jahre fahre, kommt dort der Wertverlust auch noch etwas nach unten.

Wartungskosten und Reparaturen

Die Wartungskosten des Tesla erscheinen erst einmal deutlich niedriger. Beim Tesla war jedoch ein Wartungsplan im Wert von 2400 € in der Finanzierung eine kostenlose Dreingabe. Rechne ich die Summe auf die Kosten auf, sind beide Fahrzeuge etwa gleich.

Beim Prius gab es weniger Reparaturen, eigentlich fast nichts. Der Prius musste dafür alle 15.000 km zur Wartung, mit dem Tesla bin ich einmal jährlich zur Wartung gegangen. Auch mit den Bremsscheiben vorne bin ich beim Prius 200.000 km gekommen, das habe ich beim Tesla knapp nicht geschafft. Kurz vor 200.000 km wurden die ersten Beläge und die Scheiben vorne getauscht. Auf der Autobahn ist man doch öfters mal am bremsen, insbesondere wenn man mit hohem Tempo kommt.

Reparaturen waren es bis jetzt 1692 €, ausserhalb der 80.000 km Garantie: Defekte Türgriffe an drei von vier Griffen, leider ein bekanntes Thema bei diesem Baujahr. Mittlerweile hat Tesla die Konstruktion der Griffe geändert. Dazu ein Kreuzgelenk in der Lenkung, Koppelstangen und ein Querlenker am Fahrwerk. Das Gewicht und die Kilometer fordern ihren Tribut. Auch eine der zwei Kühlpumpen hatte einen Ausfall und damit eine Überhitzung des Antriebsmotors verursacht. Auf der Autobahn kam die Meldung, dass die Leistung verringert wird. Tesla hat auf Garantie und eigenen Wunsch den Motor kostenfrei getauscht. Der Motor hat 8 Jahre Garantie ohne Kilometerbeschränkung.

Ich bin soweit ganz gut weggekommen. Anfällig sind die AC Ladegeräte, von denen ich 2 Stück habe (2 x 11 kW Ladeleistung). Es hilft dabei der alte Trick von den Kugellagern: "nur 90% Belastung verdoppelt die Lebensdauer". Da man den Ladestrom einstellen kann, vermeide ich es 100 % Leistung zu laden, wenn es nicht sein muss. Bis jetzt läuft alles. Auch von anderen Tesla Krankheiten wie einen gelben Rand am Display bin ich verschont. Der Jahrgang 2015 scheint ein ganz ordentlicher zu sein.

ein unfairer Vergleich

Bedenken

Bedenken kommen mir ab und zu vor unerwarteten und sehr hohen Reparaturkosten bei technischen Defekten. Von den Zusatzversicherungen halte ich nichts, das Risiko trage ich selber mit Rückstellungen dafür. Was mich etwas tröstet ist, dass es mittlerweile einige freie Werkstätten gibt die sich auf den Tesla eingeschossen haben und mit Erfahrung Teile reparieren(!) oder günstige Austauschteile haben. Es gibt auch einen schwunghaften Gebrauchtmarkt, so dass man gebraucht praktisch alle Teile bekommt.

Etwas schwierig finde ich das Verhalten von Tesla, Fahrzeuge nach einem Unfall elektronisch zu sperren. Es hilft also nicht, wenn man das Fahrzeug in einer freien Werkstatt reparieren läßt. Wenn Tesla nicht will, wird das Fahrzeug nicht mehr voll funktionsfähig sein. Die Latte die Tesla fordert für die Reparatur ist hoch, so geschehen in meinem Umfeld.

Motoren

Tesla hat Anfangs ein Problem mit parasitären Streuströmen an den Lagern gehabt, so wurden in den ersten zwei Jahren mehrfach die Motoren getauscht, weil die Lager hörbar wurden. Mittlerweile haben sie das im Griff und es gibt dort keine Probleme mehr.

Batterie

Die Batterie ist noch nicht kaputt :-). Meine Kollegen haben immer geunkt und fragen nach wie vor. Mittlerweile kommen die Fragen der Skeptiker selterner.

Ja, es gibt eine Degradation, einen Rückgang der Leistungsfähigkeit, keine Frage. Als der Tesla neu war, hatte er eine "typical" Reichweite von 402 km, bei einer nutzbaren Kapazität von 81,1 kWh (inkl zero Mile Protection) der 85 kWh Nennkapazität. Aktuell sind es noch 356 km und 72,2 kWh, das ist ein Rückgang von ca. 11% nach 200.000 km. Der Rückgang ist emotional belastend, rein technisch gesehen aber harmlos. Die 200.000 km erleben viele Verbrennerfahrzeuge nicht. Im Detail war der Rückgang bei mir so, gerechnet über typical Range bei 100% Ladung: 40.000 km 4%, 60.000 km 5%, 160.000 km 7%, 180.000 km 8%, 200.000 km 11%.

Oft werde ich gefragt was eine Austauschbatterie kostet - ich weiß es nicht! Die ersten Modell S gingen 2012 an den Markt und alle haben die 8 Jahres Garantie, insofern hat noch niemand eine Batterie kaufen müssen.

Tesla hat mittlerweile einiges für die Batterielebensdauer getan. Insbesondere wurde das Temperaturmanagement verbessert. Die Batterie wird im Winter immer beheizt - das Thema wird kontrovers diskutiert. Es wird versucht die Batterie nicht unter 0°C fallen zu lassen, auch wenn das Fahrzeug nicht am Netz ist. Mancher der im Winterurlaub das Fahrzeug am Flughafen abgestellt hat, hat so schon Überraschungen erlebt. Bei der Ladung wird die Batterie ebenfalls mit beheizt. Ist man auf dem Weg zum Superchgarger, d.h. hat ihn als Ziel eingegeben, heizt oder kühlt er die Batterie auf die ideale Temperatur zur Ladung. Mit dem letzten Update wurde die Ladekurve etwas in der Leistung angehoben, d.h. die Ladezeit hat sich verkürzt. Das Thema variiert jedoch etwas je nach Batterietyp.

Etwas neidisch schaue ich natürlich schon auf die 100 er Batterie oder das Modell 3, das sehr viel schneller laden kann als mein S85.

Winterbetrieb

Der Tesla ist das ideale Winterauto, ich habe keinen Eiskratzer! Durch die automatische Vorklimatisierung steigt man in ein warmes und abgetautes Auto, besser gehts nicht. Das ist übrigens das Killerargument warum meine Frau auch ein E-Fahrzeug möchte. Es nervt sie wenn sie morgens Eis kratzen geht und ich noch im Bett mal aufs Knöpfchen drücke... Die Schlupfregelung des Tesla ist sehr gut und für einen Heckantrieb hat er eine sehr gute Traktion. Schwierig wird es nur wenn es sehr glatt und steil wird, das Gewicht ist einfach da. Dort wünscht man sich dann ab und zu den Allrad den ich nicht habe.

Kleiner Nachtrag: Die Rahmenlosen Seitenscheiben müssen abgetaut oder freigekratzt sein zur Öffnung! Die Scheibe muss bei der Türöffnung einen cm nach unten fahren, erst dann kann die Tür öffnen. Ist die Seitenscheibe vereist, blockiert dies das herunterfahren. Man bekommt die Tür auf, jedoch nicht wieder zu und es hat Potential dass man etwas beschädigt. Man kann diesen Punkt als negativ sehen, die rahmenlosen Türen sind aber einfach schön und es gibt sie auch bei anderen Autos, z.B. bei der Königin von Citroen ;-).

 

Nasse Erlebnisse

Ein unangenehmes Erlebnis hatte ich bei einem großen Unwetter, als die Wasserhöhe auf der Straße immer höher wurde. Mit einem Verbrenner muß man Angst haben, dass kein Wasser ins Ansaugrohr kommt und der Motor Wasser schluckt. Bei unserer Wasserdurchfahrt in die wir geraten waren, stand das Wasser bis zu den Schwellern und ich hatte Sorge dass das Wasser an Stellen kommt, an die es nicht hingehört. Tatsächlich blieb die kurze Durchfahrt ohne Folgen und im Servicecenter wurde mir bestätigt, dass der Tesla das abkann. Andere sind schon problemlos durchs Wasser, bis selbiges an den Scheibenwischern stand...

Lackierung

Der Tesla ist mein erstes schwarzes Auto und garantiert auch das letzte schwarze! Sämtliche Vorgänger hatten eine Metalliclackierung und waren bzgl. Lack unproblematisch. Da der Uni Lack keinen Aufpreis kostete habe ich ihn damals genommen. Schwarz ist empfindlich und Anfang 2015 hatte Tesla noch ältere Lackieranlagen. Bei der Lack Pflege, habe ich mich Anfangs mit Wachs versucht, besser wurde es mit Teflon Beschichtungen die in mehreren Schichten aufgetragen wurde. Die Pflege ist viel Arbeit und ich musste mir mehr als einmal anhören wie ich mein Auto wohl liebe. Es braucht regelmäßige Pflege und einen Winter habe ich sie sträflich vernachlässigt. Ohne Schutzschicht gab es sehr viele kleine Steinschläge, die von nahem deutlich sichtbar sind. Aus 2 m Entfernung ist alles gut mit der Optik. Eine Folierung könnte ich mir gut vorstellen, so in mattem blau... wenn es nicht über 2.000 € kosten würde...

Innenraum

Der helle Innenraum in "tan" sieht nach wie vor top aus. Das Leder hat am Fahrersitz ein paar Spuren. Auch die Sitzbank hat eine kleine Stelle von einer "Nietenhose" abbekommen. Insgesamt sieht alles noch wirklich gut aus. Es spricht nichts dagegen, dass er nochmal so viele Kilometer werden..

Zubehör

Bei Durchsicht meiner Tesla Ausgaben, viel mir die Position "Tesla:Zubehör" auf, mit über 1.500 € - schluck - was war das? Tatsächlich kam die eine oder andere Ausgabe wie z.B. eine geschlossene Mittelkonsole die es damals noch nicht gab. Weitere kleinere Ausgaben flossen in die Verbesserung der Innenbeleuchtung. Ich hatte die bessere Innenbeleuchtung, z.B. die Beleuchtung der Fußräume nicht bestellt. Da aber alle Leitungen liegen, konnte ich sehr einfach mit Leuchten eines Drittanbieters die Leuchten nachrüsten. Auch im Kofferraum leuchten nun drei, statt vorher eine Leuchte und das noch dazu deutlich heller wie die Tesla Serienleuchten. Auch die letzten und einzigen zwei Glühlampen im Tela habe ich ausgetauscht gegen LED, die Kennzeichenbeleuchtung. Mittlerweile sind die LED Serie.

Gummifußmatten für den Winter und eine Schutzleiste an der Kofferraumkante wurden gekauft. Ebenso steht da noch ein großer USB Stick auf der Liste, der einige 1000 Musikfiles im flac Format speichert. Durch den Spotify Account den sowohl Tesla liefert wie ich auch privat habe, hat sich das hören selber gespeicherter Musik sehr reduziert. Streaming per Spotify ist mittlerweile der Standard geworden.

Nachgerüstet habe ich leider viel zu spät den LTE Adapter, damit der Tesla nicht nur das G3 Netz empfängt. Der Datenempfang und damit der Musikempfang per Spotify hat sich sehr verbessert. Der Browser im Center Screen ist leider immer noch unbrauchbar, da der Prozessor dort offenbar viel zu langsam ist für die Webseiten. So ist das mit den Computern - die Halbwertszeit der Technik im Fahrzeug ist sehr unterschiedlich. Die Elektronik altert relativ schneller wie der Rest vom Fahrzeug. Man könnte den Center Screen gegen den aktuellen- schnelleren tauschen.

Ich fahre einen Straßenkreuzer

Tatsächlich ist es nicht immer lustig einen Tesla zu fahren. An Amerikanischen Maßstäben gemessen ist der S ein normales Auto. Gemessen an Europäischen Standards ist es ein sehr großes Auto.. Tatsächlich flucht man in mancher Tiefgaragenabfahrt oder engen Hotelgaragen. Glücklicherweise helfen die Sensoren und die Kamera sehr, so dass das Handling machbar ist. Beim Fahren schätze ich die Ruhe mit der der Tesla läuft, er ist ein idealer Reisewagen.

Supercharger

Die Supercharger sind auch nach 7 Jahren auf dem Markt immer noch ein Alleinstellungsmerkmal von Tesla. Es funktioniert einfach, einstecken und glücklich sein. Ich gebe zu, ich verbringe einige Zeit an den Ladestationen, diese aber sehr bewußt. Wenn ich beruflich unterwegs bin nutze ich die Zeit zum Essen, zum Arbeiten oder auch mal für ein Powernapping. Bei einigen blöden beruflichen Terminsituationen musste der Tesla auch für eine kurze Übernachtung herhalten - dank Camping-Mode und langer Liegefläche (2,1m) geht das wunderbar. Privat ist meine Familie ganz dankbar für die Zwischenstopps die wir bei langen Touren so im 2 Stunden Rhytmus einplanen. Eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 80 km/h + über fahren und laden im Mix ist mit dem 85 er Akku machbar bei Autobahnfahrt.

Die neuen Supercharger wie in Bregenz oder in Dietikon bei Zürich sind ein Traum. Es sind ausreichend viele Ladepunkte und eine sehr schöne Lounge in der man sich gerne aufhält.

Supercharger Dietikon CH

Autopilot

Die Fahrassistenzsysteme im Tesla haben sich immer weiter verbessert. Der Autopilot 1 hat etliche Softwareverbesserungen bekommen und tut auf Autobahnen und Bundesstrassen sehr gut seinen Dienst. Ich kenne das System sehr gut und weiß was es kann und wo man aufpassen muß. Die Systeme sind zu beaufsichtigen wie ein kleines Kind. Es lernt dazu, aber es kann durchaus noch unerwartete Sachen machen, bei denen man spontan eingreifen muß.

Tatsächlich haben die neueren Teslas mehr Kameras und eine deutlich leistungsfähigere Hardware. Die Entwicklung geht kontinuierlich weiter und es ist spannend Teil der Entwicklung zu sein! Ich hoffe sehr, dass ich mich im Alter in Level 5 (selbstfahrende) Fahrzeuge setzen kann, wenn ich selbst nicht mehr fahren kann oder will.

Whats next

Tatsächlich bin ich die meisten Kilometer in den ersten drei Jahren gefahren, durch meine berufliche Tätigkeit und das pendeln in die Schweiz. Seit Mai 2018 bin ich wieder mehr im Büro in Stuttgart und fahre viele Tage mit dem Pedelec ins Büro. Der Tesla steht manchmal eine ganze Woche. Wenn man ein Fahrzeug wenig braucht, macht man sich Gedanken ob es sinnvoll ist ein Auto zu besitzen. Tatsächlich ist diese "Maschine" gut für 1.000 km am Tag. Die Idee von Tesla in Zukunft den Verleih des eigenen Fahrzeuges zu erleichtern wird immer attraktiver.

Den Umstieg auf das Model 3 hatten wir überlegt. Das Model 3 ist deutlich kleiner, von den Außenmaßen her sicher willkommen. Tatsächlich ist der Kofferraum des 3 er deutlich kleiner. Aktuell fahren wir noch zu viert in den Urlaub und dort können wir den Platz gut brauchen. Im übrigen gefällt uns die beschränkte Lademöglichkeit am 3 er nicht, so bleibt der S erst mal da.

Ralf Wagner, Mai 2019

ralf.wagner@ralfwagner.de